Kinder-Podcast 045: Stella von Steist Band 2: Tuk-Tuk-Fahrt ins Ungewisse

045: Stella ist wieder da! Und mit ihr das Chaos! Was das kleine Steist-Mädchen für neue Ideen hat, kannst du hier hören oder lesen! Auf geht`s!

Marisa hat dieses schöne Beitragsbild von Stella, dem Steist-Mädchen, und Nedo, dem Affen, gemalt. Das passt super zu der Geschichte! Vielen Dank dafür!

Stella von Steist Band 2 – Tuk-Tuk-Fahrt ins Ungewisse

Bruuuuuummm, bruuuuuummmm, bruuuuum… Was ist das denn jetzt schon wieder? Schnarcht da mein Papa wieder auf seinem Sockel? Mein Papa ist auch ein Steist, wie ich. Also ein Geist in Statue-Form. Wir leben in Kambodscha, das ist ein Land im Süden Asiens. Wie du ja weißt, stehe ich tagsüber als Baby-Elefanten-Statue (ich bin aber kein Baby!) auf einem Sockel und mein Papa ist eine menschliche Statue, d.h. er sieht aus wie ein in Stein gemeißelter Mensch. Und Menschen können schnarchen. Meine Herren, wenn Papa loslegt, halten sich alle Affen in den Bäumen die Ohren zu. Es ist vor 10 Minuten dunkel geworden und ich wache gerade aus meinem täglichen Tiefschlaf auf. Aber Moment! Papa wacht doch immer vor mir auf! Punkt genau dann, wenn die Sonne hinterm Horizont verschwunden ist und wir Steists munter werden. Und ich schlafe lieber noch ein paar Minütchen länger, schließlich wachse ich noch. Oder zumindest hoffe ich, dass ich mal irgendwann zu einer Erwachsenen-Elefanten-Statue werde. Aber eigentlich behalten wir Steists die Form, mit der wir geboren werden. Doch: die Hoffnung stirbt zuletzt. Deshalb bilde ich mir ein, jede Minute Schlaf lässt meinen Baby-Elefanten-Körper ein Millimeterchen wachsen. Vielleicht jedenfalls.

So, zurück zum Thema. Da mein Papa also in der Regel schon bei anbrechender Dunkelheit wach ist, kann dieses laute Brummen nicht von ihm kommen. Aber was ist es dann? Vorsichtig öffne ich ein Auge. Mein empfindlicher Rüssel hat außerdem schon einen schrecklichen Gestank aufgenommen. Ich ahne was da vor mir steht und öffne mein zweites Auge. Aha, ich habe Recht gehabt! Da steht tatsächlich eins von diesen knatternden, stinkenden Tuk Tuks vor mir. Was ein Tuk Tuk ist möchtest du wissen? Das ist ein Moped mit Anhänger und in diesem Anhänger können 2-4 Menschen sitzen. Das ist ein typisches Taxi hier in Kambodscha. Und diese Tuk Tuks bringen die Touristen zu unserer Tempelanlage. Aber doch eigentlich nur tagsüber. Nachts dürfen die Tuk Tuks nicht auf das Tempelgelände… Da stimmt doch was nicht…

Ich schaue mir dieses Tuk Tuk näher an. Es ist rot und ich sehe nur den Anhänger. Das Moped davor und somit auch die Person, die darauf sitzt und diesen Höllenlärm veranstaltet, sehe ich nicht. Ich hüpfe also wieder mal sehr elegant von meinem Sockel und gehe um den Hänger herum. Und wer sitzt auf dem Moped und dreht mit Begeisterung den Gashebel bis zum  Anschlag? Nedo! Dieser freche Affe! Durch den Lärm, den er verursacht, hat er aber nicht gemerkt, dass ich nun neben ihm stehe. Na warte! Dem zahle ich es heim! Ich recke meinen Rüssel in Nedos Richtung und trompete ihn mit voller Kraft an. Das hat Wirkung! Nedo lässt vor Schreck den Gashebel los und rutscht halb vom Moped runter. Da kann ich mir ein Grinsen doch nicht verkneifen. Aber auch Nedo muss jetzt grinsen.

„Na Stella, bist du endlich aufgewacht? Du schläfst ja tief und fest wie ein Baby!“

Also wie ich diesen Ausdruck „Baby“ hasse! Irgendwie bin ich da empfindlich. Zur Strafe tröte ich Nedo nochmal an.

„Jaja, schon gut“, lacht der. „Schau mal, wie findest du meine neue Errungenschaft?“, fragt er mich jetzt stolz. „Spritztour gefällig?“

„Hm, wo gedenkst du denn, dass ich sitzen soll? Ich passe weder vorne auf den Sitz noch unter das Dach von dem Anhänger“, erwidere ich skeptisch und schüttel dabei meinen Kopf, so dass meine Ohren von links nach rechts schlackern. In meinen dicken Elefantenfüßen fühle ich allerdings ein Kribbeln. Jaja, irgendwie kribbelt es mir doch in den Füßen mal mit so einem Ding mitzufahren. Nur wie soll das bloß gehen?

„Ach, wenn du dich hinkniest, kannst du auf allen Vieren in den Hänger krabbeln. Dann schaut halt dein Po auf der einen Seite und dein Rüssel auf der anderen Seite heraus. Etwas lustig, aber immerhin können wir eine Spritztour machen“, schlägt Nedo vor und grinst dabei sein freches Affengrinsen.

Hm, also irgendwann muss man seine Eitelkeit ja mal sein lassen. Schließlich ist es wichtiger, Spaß zu haben als elegant auszusehen. Außerdem ist es sowieso dunkel und mich wird hoffentlich niemand in dem Anhänger sehen.

„Auf ins Abenteuer!“, tröte ich, knie mich hin und rutsche Richtung Anhänger. Erst die Vorderbeine rein und dann… upps, jetzt wird`s aber schon eng!

„Schieb mal“, rufe ich Nedo zu und mein Kumpel lehnt sich mit dem Rücken gegen mein Hinterteil und schiebt und schiebt und >plopp< bin ich im Anhänger drin. Etwas unbequem, aber was tut man nicht alles für ein neues Abenteuer! Nedo klatscht begeistert in seine Affenhände und springt dann auf den Sitz des Mopeds. Er wirft den Motor an und gibt ein bisschen Gas. Nix tut sich. Er gibt noch etwas mehr Gas. Es tut sich immer noch nichts! Och nö, bin ich jetzt etwa zu schwer? Endet das Abenteuer etwa hier vor meinem Sockel?

„Upps“, ruft Nedo da über den Lärm hinweg. „Bist wohl doch nicht zu schwer. Hab wohl vergessen, die Kupplung loszulassen.“

„Sehr witzig“, denke ich und in dem Moment lässt Nedo bei Vollgas die Kupplung los und das Tuk Tuk schießt wie eine Rakete nach vorne. Nedo kreischt auf.

„Weiß der überhaupt, wie man so ein Ding fährt?“, überlege ich in dem Moment, aber das ist jetzt sowieso zu spät. Wir rasen durch die Tempelanlage an Büschen und Gebäuden vorbei. Nur mit Mühe schafft es Nedo, das Tuk Tuk auf den Wegen zu halten. Mein Rüssel und mein Schwanz wehen im Fahrtwind hinter dem Tuk Tuk hinterher. Mehrmals muss ich meinen Kopf einziehen, um einen Zusammenstoß mit einer Mauer zu vermeiden. Ich muss sagen, nach dem anfänglichen ersten Schreck fängt mir die Sache an Spaß zu machen. Wir rasen über das Gelände und schon nähert sich die Brücke, die auf die Hauptstraße führt. Nedo fährt mit vollem Tempo auf die gewölbte Brücke und einen Moment schweben wir in der Luft bevor das Tuk Tuk unter ächzenden Stoßfedern auf der Straße landet, Nedo gekonnt die Kurve nimmt und wir dann auf der Hauptstraße sind. Hier ist der Straßenbelag noch um einiges besser und die Geschwindigkeit erhöht sich enorm. Ein Glück ist die Straße bei Nacht komplett leer. Wir rasen weiter, um uns herum Wald. Ich lasse mir die frische Luft um meinen Rüssel wehen und genieße die Fahrt!

>Quiiiiiiiiiiiiiietsch< höre ich noch und werde dann mit voller Wucht gegen die Kabinenwand gedrückt. Meine Güte, warum geht Nedo denn jetzt voll in die Bremsen? Das hätte er ja wohl auch sanfter machen können! Ich wende meinen Kopf Richtung Moped und schaue in zwei weit aufgerissene Augen. Sie gehören zu einer Tigerpython, die einmal quer über die Straße liegt. Nur die Notbremsung von Nedo hat verhindert, dass wir komplett über die Tigerpython rübergfahren sind. Die starrt uns jetzt ziemlich böse an.

„Was macht ihr um diese Uhrzeit auf der Straße?“, faucht sie uns an. „Ich bin immer nur in der Nacht unterwegs und da fährt hier kein Tuk Tuk rum, erst Recht nicht eins mit einem Affen und einem Elefanten!“

„Uiuiui“, denke ich. Jetzt müssen wir aber sehr diplomatisch reagieren. So eine Tigerpython ist durchaus in der Lage, einen kleinen Affen zu verschlingen… Und Nedo sitzt da einfach und rührt sich nicht vor Schreck.

„Äh, gestatten, Stella von Steist“, stammel ich mir in meiner doch etwas komischen Position zurecht und versuche dabei sehr würdevoll auszusehen. „Ich bin ein Steist und wie Sie wahrscheinlich wissen, sind wir nur in der Nacht wach und aktiv und da ich auch einmal ein Tuk Tuk fahren wollte, blieb uns kein anderer Zeitpunkt als die Nacht.“ Entschuldigend schaue ich dabei die Tigerpython an. Die überlegt und sagt dann: „Jaja, das Problem mit der Nachtaktivität kenne ich. Geht mir auch so. Ein paar Dinge kann man nachts einfach nicht machen. Ihr habt mir aber einen ganz schönen Schreck eingejagt. Könnt ihr mich als Entschädigung nicht einfach ein Stück mitnehmen? Ich wollte auch schon immer mal Tuk Tuk fahren.“

„Natürlich“, kreischt Nedo begeistert, der jetzt aus seiner anfänglichen Schockstarre erwacht ist. „Kletter einfach auf das Dach des Anhängers und wir drehen zusammen eine Runde! Ich bin übrigens Nedo!“

„Angenehm, ich bin Polly“, antwortet die Schlange und schlängelt sich auf das Dach des Anhängers. Sie scheint nett zu sein. Nedo gibt jetzt wieder Gas, lässt diesmal aber die Kupplung etwas langsamer kommen. Sonst würde Polly ja auch in hohem Bogen vom Dach geschleudert und wer möchte schon eine Python durch die Luft fliegen sehen?

Wir lustigen drei rasen nun also weiter durch die Gegend. Ab und zu hört man ein begeistertes Jauchzen und Polly ruft auch einmal begeistert: „Jippie, ihr erfüllt mir einen Kindheitstraum!“

Unser Gespann ist schon eine Stunde unterwegs, als wir plötzlich langsamer werden.

„Na diesmal bremst Nedo jedenfalls gefühlvoll“, denke ich, aber unser Anhalten hat einen anderen Grund. Vorne am Armaturenbrett leuchtet eine Lampe auf. Der Benzintank ist leer und das Tuk Tuk bewegt sich keinen Millimeter mehr.

„Äh“, sagt Nedo. „Da habe ich gar nicht dran gedacht. Hat jemand von euch eine Idee, wo wir hier Benzin tanken können? Ich kenne mich hier gar nicht aus.“

Ich schüttel bedröppelt meinen Kopf. In dieser Gegend war ich auch noch nie. Na toll! Ich stelle mir gerade vor, wie es hell wird und die Menschen ein Tuk Tuk mit einer Baby-Elefanten-Statue im Anhänger eingeklemmt finden. Das wird mal wieder eine tolle Story werden und die Affen werden das überall rumtratschen. Wie peinlich! Doch wir haben Polly vergessen! Ein Glück haben wir sie mitgenommen! Sie meldet sich gerade zu Wort: „Ich kenne einen Laden nur ein paar hundert Meter von hier. Dort kann man Benzin in Flaschen bekommen. Nedo, ich beschreibe dir den Weg und du holst welche, okay?“

Nedo nickt erleichtert. Nachdem Polly ihm den Weg beschrieben hat, ist er auch schon in der Dunkelheit verschwunden und kehrt nach einiger Zeit mit zwei Flaschen Benzin zurück.

„Ich habe auf dem Weg zu dem Laden ein paar Früchte gepflückt und sie dem Ladenbesitzer als Bezahlung hingelegt“, erklärt Nedo uns. Ach, mein lieber Freund Nedo! Auch wenn er immer Quatsch macht, ist er doch immer ein korrekter, ehrlicher Typ. Das mag ich an ihm!

Nachdem Nedo den Tank aufgefüllt hat, treten wir die Rückfahrt an. Es wird bald wieder hell werden und der Tuk-Tuk-Fahrer soll am Morgen schließlich sein Tuk Tuk zurück haben um wieder arbeiten zu können und ich möchte doch lieber auf meinem Sockel als im Tuk Tuk schlafen. Auf dem Rückweg setzen wir noch Polly in ihrem Heimatgebüsch ab. Dann sind wir auch schon bald wieder bei unserer Tempelanlage. Und ja, falls du gerade überlegst, wie ich aus diesem Anhänger gekommen bin: wir mussten dann doch einige von Nedos Affenfreunden holen, damit sie helfen, mich aus dem Hänger zu drücken. Und natürlich haben sie diese Geschichte auch weiter erzählt. Affen tratschen ja immer! Aber weißt du was? Das ist mir egal! Ich hatte den Spaß meines Lebens und habe außerdem eine neue Freundin gewonnen: Polly!