Kinder-Podcast 043: Der kleine Weihnachtsteufel

043: Und schon naht wieder Weihnachten und damit ist es wieder Zeit für eine Weihnachtsgeschichte! Am Wochenende war ich bei einem traditionellen Teufellauf in Österreich und so habe ich gedacht, diesmal spielt die Hauptrolle in der Geschichte ein kleiner Teufel.

Einen großen Dank auch an Leila und Henry aus dem weit entfernten Kalifornien für die schönen Bilder von Fritzi, dem Bommeltier!

Der kleine Weihnachtsteufel

-3 Grad Celsius. Nicht gerade die Temperatur, die ein Teufel bevorzugt. Teufel leben ja in der Regel dort, wo es sehr sehr heiß ist. Also mindestens +100 Grad Celsius. Und wenn ein Teufel mal Urlaub machen möchte fährt er wohin? Na? Na dahin, wo es warm ist. So wie wir Menschen das auch machen. Nur das die Teufel unter „warm“ +300 Grad Celsius aufwärts verstehen. Für uns unvorstellbar. Für die Teufel ein Paradies. Deshalb konnte die Teufelfamilie auch nicht verstehen, dass das kleine Teufelchen unbedingt mal auf die Erde wollte, wo es dort doch an den wärmsten Orten mal gerade höchstens +50 Grad Celsius wird. Und dann wollte es auch noch unbedingt nach Deutschland. Und das im Winter! Um Weihnachten einmal zu erleben! Da soll einer noch die Welt verstehen!

„Wo willst du hin?“, hatte Mama Teufel das Teufelchen mit entsetzt aufgerissenen Augen gefragt. „Auf die Erde? Weißt du eigentlich, wie kalt es dort ist? Zu solchen Orten fahren Teufel nicht! Was sollen die Nachbarn denken? Etwa, dass wir uns keinen Urlaub im Warmen leisten können?“ Sie hatte erbost den Kopf geschüttelt und sich beleidigt umgedreht. Für sie war das Thema erledigt.

Onkel Teufel hatte dem Gespräch gelauscht und ihm fielen gleich noch mehr Argumente ein, warum ein Besuch auf der Erde undenkbar war! Und schon gab er seinen Senf dazu: „Die Menschen auf der Erde sind so unfreundlich! Sie ziehen sich die Mütze bis ins Gesicht und grüßen sich nicht! Und uns Teufel finden sie sowieso schrecklich! Die verbreiten jede Menge Unsinn über uns. Dass wir böse wären, immer nur alle erschrecken wollen und anderen weh tun wollen. Nein, zu einem Volk mit solchen Vorurteilen solltest du nicht fahren.“

Das kleine Teufelchen hatte zwischen seiner Mutter und seinem Onkel gestanden und kein Wort mehr gesagt. Aber im Inneren des Teufelchens hatte sich eine kleine Stimme gemeldet und gesagt: „Jetzt erst Recht.“

Als Mama und Onkel Teufel den Raum verlassen hatten, kam aus der Zimmerecke ein kleines Räuspern. Es war Oma Teufel, die sich bemerkbar machte und nun das kleine Teufelchen zu sich herwinkte. Oma Teufel war schon uralt und schlief meistens den ganzen Tag auf der Bank neben dem Ofen, in dem natürlich auch bei 100 Grad Celsius Raumtemperatur ein schönes Feuer loderte, um die Oma zu wärmen.

Das kleine Teufelchen setzte sich nun also zur Oma auf die Bank und lauschte ihrer leisen Stimme. „Mein Junge“, sagte sie mit einem Leuchten in den Augen, „die schönsten und tollsten Erlebnisse in meinem Leben hatte ich, wenn ich etwas getan habe, was nicht alle tun. Und hör nicht darauf, was andere über jemanden sagen. Bilde dir ein eigenes Bild von dem Menschen-Volk. Auch wir haben Vorurteile gegenüber den Menschen. Und wenn du dann auf der Erde warst, kommst du zu mir und erzählst mir alles über dein Abenteuer. Ich bin ja so neugierig, wie es da oben auf der Erde so ist.“

Und so kam es, dass das Teufelchen sich seine dicke Jacke geschnappt hatte und die lange Reise auf die Erde gewagt hatte. Und nun steht es da. Mitten in der Fußgängerzone einer Großstadt mitten in Deutschland. -3 Grad Celsius und matschiger Schnee, der von oben auf seine glühenden Hörner fällt und unter seinen heißen Füßchen schmilzt. Und sein erster Gedanke ist: „Onkel Teufel hatte Recht!“ Nun, wie gesagt, es ist Winter. Die Menschen haben Mützen und Kapuzen auf und laufen mit gesenktem Kopf durch die Straßen, um sich vor dem kalten Schnee zu schützen. Da sie auf den Boden schauen, rempeln sie immer wieder gegen das verwirrte Teufelchen und grüßen tun sie sich bei diesem Gedränge erst Recht nicht. Für einen Neuling auf der Erde eine sehr frustrierende Situation.

Mit hochgezogenen Schultern und vor Kälte bibbernd schleicht sich das Teufelchen durch die Fußgängerzone. Kurz bleibt es vor einem Buchladen stehen, in dessen Schaufenster Bücher mit Gruselgeschichten ausliegen. Auf einigen sind angsteinflößende Teufel zu sehen. Das macht das Teufelchen traurig. Ab und an wirft auch ein Mensch in der Fußgängerzone ein Blick auf das Teufelchen und macht dann ein großen Bogen um das unbekannte Wesen. Man kann ja nie wissen.

Enttäuscht biegt das Teufelchen in eine Nebenstraße ab und denkt sich, dass es so bald wie möglich wieder nach Hause möchte. Seine Mama und sein Onkel hatten doch Recht. Da fällt dem kleinen Teufelchen ein warmer Lichtschein auf, der aus einem Fenster der umliegenden Häuser fällt. Nun doch wieder etwas neugierig geht das Teufelchen an das Fenster und schaut in das Zimmer dahinter.

In dem Zimmer steht ein hell erleuchteter Weihnachtsbaum, der mit Kerzen geschmückt ist und auf dem Wohnzimmertisch leuchten die Kerzen eines Adventskranzes. Sofort macht das Herz des Teufelchens einen freudigen Hüpfer bei dem Anblick der warmen Flammen. Gebannt schaut es in das Feuer. Da erblickt es eine alte Frau, die auf dem Sofa sitzt und traurig in die Flammen schaut. Die alte Dame erinnert ihn an seine Oma und das Teufelchen beschließt spontan, an das Fenster zu klopfen. Erstaunt hebt die alte Frau den Kopf. Das Teufelchen klopft nochmals und nun erhebt sich die alte Dame schwerfällig und kommt zum Fenster und öffnet es.

„Ja bitte?“, fragt sie in das geöffnete Fenster. Sie kann nur noch sehr schlecht sehen und erkennt nur, dass ein Kind vor ihrem Fenster steht. Dass das Kind ein kleines Teufelchen ist, kann sie nicht mehr erkennen.

„Ähm“, sagt das kleine Teufelchen, „entschuldigen Sie die Störung, aber ich habe das warme Licht in ihrem Fenster gesehen. Wissen Sie, ich kommen von sehr weit her und kenne die Traditionen in diesem Land nicht. Was haben Sie da für einen schönen Baum in ihrem Zimmer stehen?“ Neugierig schaut sich das Teufelchen die glitzernde Pracht an.

„Du kennst einen Weihnachtsbaum nicht?“, fragt die alte Dame erstaunt. „Komm rein, dann kannst du ihn dir genau anschauen und ich kann dir ein paar Weihnachtsgeschichten erzählen. Und Weihnachtskekse kannst du auch probieren!“

Begeistert nickt das kleine Teufelchen und sitzt kurz darauf neben der Oma auf dem Sofa und lauscht ihren Geschichten über Weihnachtswichtel und den Weihnachtsmann und nascht dabei Kekse. Die Wangen der Oma glühen rot vor Begeisterung darüber, endlich einen Gesprächspartner zu haben. Auch wenn die alte Dame noch einige Freunde und Verwandte hat, ist sie doch die meiste Zeit in ihrer Wohnung alleine und häufig einsam.

Nachdem die beiden nun lange geplaudert haben, gähnt das kleine Teufelchen. Es wird Zeit, sich für die Nacht eine Bleibe zu suchen. Heute wird es für das Teufelchen zu spät um noch nach Hause zu reisen. Die Frau hat das Gähnen des Teufelchens gehört und bietet ihm spontan an, bei ihr zu übernachten.

„Morgen ist Weihnachten“, erklärt sie. „Wenn du Lust hast, lass uns doch zusammen feiern.“  Begeistert nickt das kleine Teufelchen. Ein gemeinsames Fest, was kann es Schöneres geben! Zufrieden und glücklich geht das kleine Teufelchen schlafen, aber natürlich nur mit einer mit kochendem Wasser gefüllten Wärmflasche.

Am nächsten Morgen frühstücken die Frau und das Teufelchen gemeinsam und das Teufelchen fragt, wer denn noch alles zu dem Fest kommt.

„Oh“, sagt die alte Dame. „Nur wir beide. Meine Verwandten wohnen weit entfernt und meine Freunde feiern mit ihrer eigenen Verwandschaft.“ Bedröppelt schaut sie das Teufelchen an.

„Also das kann doch nicht so schwierig sein“, ruft das Teufelchen. „Ich gehe los und suche Leute, die mit uns feiern! Es gibt doch bestimmt noch mehr Menschen, die alleine feiern!“

Gesagt, getan. Das kleine Teufelchen zieht sich seine Jacke über und begibt sich hinaus in die Kälte. Wieder begegnem ihm viele abweisende Menschen. Ein paar Menschen spricht das Teufelchen an, aber schon bei den ersten Worten schauen die Menschen es entsetzt an und gehen schnell weiter. Nach einiger Zeit kommt das Teufelchen in einen Park, in dem ein Mann mit einem Hund spazieren geht. Das kleine Teufelchen ruft dem Mann hinterher: „Entschuldigen Sie…“, aber der Mann wirft nur einen Blick auf das Teufelchen und will schnell weiter gehen, als der Hund freudig schwanzwedelnd auf den kleinen Teufel zugelaufen kommt. Er springt freudig an ihm hoch und bellt begeistert. Jetzt kommt auch der Mann zu dem Teufelchen und sagt erstaunt: „Na sowas. Mein Rudi ist Fremden gegenüber eigentlich sehr skeptisch. Das wundert mich jetzt aber sehr.“

Freundlich krault das kleine Teufelchen Rudi das Fell und erzählt seinem Herrchen dabei von der geplanten Weihnachtsfeier. Der ist hin und hergerissen. Ja, auch er ist an Weihnachten alleine, aber deshalb mit einem Teufelchen mitgehen? Doch schließlich sagt sich der Mann, dass Rudi sich nicht irren kann. Wen Rudi in Ordnung findet, der ist auch in Ordnung. So gehen die drei zusammen durch den Park und wieder in die Fußgängerzone. In einem Hauseingang sitzt ein alter Mann in Decken gehüllt. Er scheint kein Zuhause zu haben und hat dort sein Nachtlager aufgeschlagen. Spontan spricht das kleine Teufelchen den Mann an, ob er mit ihnen Weihnachten feiern möchte. Der hat vor dem Teufelchen keinerlei Angst. Ihm sind im Leben schon viele komische Gestalten begegnet und er weiß aus Erfahrung, dass es nicht auf das Aussehen ankommt, ob jemand das Herz am rechten Fleck hat oder nicht. Da der Mann ja offensichtlich am Heiligenabend nichts anderes vorhat, sagt er zu. Und so machen sie sich nun zu viert auf den Weg zu der alten Dame. Dort angekommen öffnet sie ihnen die Tür, begeistert darüber, nun noch mehr Gäste zu haben. Sie beschließen, gemeinsam ein leckeres Essen aus den Sachen zu zaubern, die die Frau noch im Haus hat. Sie gehen in die Küche, drehen das Radio auf und beginnen zu kochen und dabei der Weihnachtsmusik zu lauschen. Irgendwann geht der alte Mann zu seiner zerlumpten Tasche und holt eine Mundharmonika hinaus und beginnt darauf zu spielen. Begeistert klatschen die anderen im Takt dazu. Plötzlich klingelt es an der Tür.

„Nanu, wer ist denn das?“, fragt die Frau und geht zur Haustür. Vor der Tür steht eine Frau mit einem Mädchen. Sie wohnen erst seit kurzem in dem Haus in der Wohnung über der alten Dame und wollten der alten Dame frohe Weihnachten wünschen.

„Kommt doch rein und feiert mit uns“, ruft das kleine Teufelchen, das nun auch in der Haustür erschienen ist. Etwas erschrocken schaut die Nachbarin das Teufelchen an, aber die Tochter ist gleich Feuer und Flamme und möchte mitfeiern.Und so kommt es, dass ein Teufelchen, eine alte Dame, ein einsamer Mann mit Hund, ein Obdachloser und eine alleinerziehende Frau mit Tochter gemeinsam ein unvergessliches Weihnachtsfest feiern und bis spät in die Nacht Lieder zu den Klängen der Mundharmonika singen. Und wie es sich gehört, werden natürlich Fotos gemacht! Du kannst dir vorstellen, wie die Verwandschaft der alten Dame geschaut hat, als sie das Foto mit dem Teufel an der Wand entdeckt hat. Und was hat die alte Frau dazu gesagt? „Was, ich habe mit einem Teufel Weihnachten gefeiert? Da kann ich nur sagen: Was für tolle Wesen, die haben das Herz auf dem rechten Fleck!“ Und so gibt es bei uns auf der Erde nun einige Menschen, die keine Vorurteile mehr gegenüber Teufeln haben. Und das Teufelchen hat natürlich begeistert seiner Oma von den Menschen berichtet und die hat mit glitzernden Augen zugehört…