Kinder-Podcast 041: Stella von Steist Band 1: Der Fotoapparat

041: Was mag denn wohl ein Steist sein? Das würdest du auch gerne wissen? Dann hör dir schnell die neue Geschichten-Reihe von mir an! Und vielen Dank an Eva (fast 4) aus Hamburg für das tolle Beitragsfoto! Auf dem Foto spielt sie Marie, wie sie auf dem Zaubermotorrad Freddie fährt. Brumm… Los geht`s…

Stella von Steist Band 1 – Der Fotoapparat

Gestatten, darf ich mich vorstellen? Stella, Stella von Steist! Und die Frage ist hier nicht, WER ich bin, sondern WAS ich bin! Ja, genau, du hast richtig gehört, WAS ich bin. Ich bin nämlich ein Steist. Genauer gesagt, ein Steist Mädchen. Jaja, ich weiß, du denkst jetzt natürlich, Steist wäre mein Nachname. So wie deiner vielleicht Müller, Meier oder Pampelmuse ist. Und du also ein Mädchen oder Junge aus der Familie Meier, Müller oder Pampelmuse bist. Hihi, Pampelmusen Mädchen und Jungen! Wie die wohl aussehen? Wie ein Smiley?
Aber nein, jetzt mal ernsthaft. Steists sind eine Spezies. Eine ganz geheime, im Verborgenen aber auch wieder nicht im Verborgenen, sondern ganz öffentlich lebende Spezies. Wie ich das wieder meine? Ach, das erkläre ich gleich. Also, ein Steist ist eine Mischung aus – na, hast du`s erraten? Ne? Also eine Mischung aus Statue und Geist! Halb Statue und halb Geist eben. Verstehst du? ST für Statue und EIST für Geist. Ist doch logisch, oder?
„Und was ist jetzt wieder eine Staue?“, fragst du dich jetzt? Eine Statue ist eine Figur aus z. B. Stein oder Metall, die von einem Künstler erschaffen wurde. Meistens stellt sie ein Tier, einen Menschen oder ein Fantasiewesen dar. Und eine Statue ist häufig sehr groß und du findest sie z.B. In Parks, Tempelanlagen oder vor herrschaftlichen Häusern. Und viele Statuen sind schon seeehhhr alt. Und wir Steists erst recht. Ich bin 836 Jahre alt. Ein alter, junger Hüpfer quasi.

Naja, und alle Steists heißen mit Nachname Steist, weil… Keine Ahnung, wahrscheinlich, weil die meisten Steists nicht sehr einfallsreich sind, haben sie halt diesen Nachnamen gewählt. Aber ich, ich bin einfallsreich! Und deshalb heiße ich auch VON Steist! Eigentlich wollte ich ja mit Nachnamen lieber „Schrecken“, „Grauen“ oder zumindest „Ekelgeschmack“ heißen, aber mein Vater hat es verboten! Dabei hatte ich schon so ein schönes Türschild für meine Zimmertür gemalt. Dunkelgrüner und schwarzer Hintergrund und mit gelber Neonschrift „Ekelgeschmack“ drauf geschrieben. Sah das furchterregend aus! Aber Papa meinte, ich solle stolz darauf sein, dass ich eine „Steist“ bin. Schließlich gibt es nicht viele davon. Und außerdem nennen mich sowieso alle nur Stella. Stella heißt Stern. Und ich liebe die Sterne! Nachts, in der Dunkelheit, wenn wir Steists erwachen, glitzern sie zu tausenden über unseren Köpfen. Und manchmal versuche ich sie zu zählen, aber ich weiß nie, wo das Ende ist. Und häufig werde ich dann sowieso von meinen Freunden abgelenkt oder meine Eltern kommen und wollen, dass ich ihnen bei irgendwas helfe.
Aber heute, heute ist der Himmel ausnahmsweise mal mit dicken Wolken bedeckt.
Die Touristen, oder wie ich sie nenne: Fotoapparate mit Beinen, die tagsüber, solange es hell ist, unsere Tempelanlage besichtigen, sind alle in ihre weit entfernten Hotels verschwunden und es kehrt endlich Ruhe ein. Manchmal nervt mich das Gequassel dieser Touris doch ganz schön. Aber meistens finde ich es lustig, ihnen zuzuschauen, wie sie aufgeregt durch den Park und die Tempel wandern und versuchen, die besten Fotos zu machen. Ab und zu strecke ich dann meine Zunge raus oder mache ein besonders furchterregendes Gesicht. Keine Ahnung, ob ihnen das auf ihren zahlreichen Fotos auffällt.
Aber wo war ich stehen geblieben? Ach ja, heute ist der Himmel ausnahmsweise mit dicken Wolken bedeckt. Ich mache gerade meine müden Augen auf – tagsüber schlafe ich die meiste Zeit – und will mir den Sternenhimmel anschauen und sehe nur schwarz!
Tja, nun ist schwarz eigentlich meine Lieblingsfarbe, aber beim Sternenhimmel mache ich eine Ausnahme. Da mag ich am liebsten Schwarz mit Glitzer.
Ich schaue also so in den schwarzen Himmel und denke mir: „Na toll, das ist ja ein schöner Start in die Nacht“, als ich aus der Ferne ein Kreischen höre.
Oha, das klingt nach Streit! Das Gekreische wird immer lauter. Was da bloß los ist? Ich klettere von meinem Sockel, auf dem ich tagsüber stehe und schlafe – als Statue versteht sich – und hüpfe auf das trockene Gras. Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass ich eine Elefantenstatue bin? Ne? Ach so, naja, dann weißt du das jetzt. Ich bin also ein Elefant aus Stein. Ein Babyelefant. Nein, also, ich bin kein Baby mehr, aber ich bin halt eine Baby-Elefant-Statue. Kapiert? Ach, egal.
Naja, ich höre also das Gekreische und hüpfe so elegant wie das als Elefant halt geht, von meinem Sockel und stelle meine Ohren auf. Das Gekreische scheint hinter dem großen Sonnentempel herzukommen. So schnell mich meine Beine tragen können, flitze ich durch die Dunkelheit um den riesigen Sonnentempel herum. Die Schreierei wird immer lauter. Vor der letzten Tempelecke bleibe ich stehen und versuche mich ganz leise um die Kurve zu schleichen. So leise das halt als Elefant geht. Der ganze Boden vibriert bei meinen Schritten, aber ehrlich gesagt ist das Gekreische inzwischen so laut, dass das jetzt auch niemand mehr hört.
Vorsichtig schiebe ich erst meinen Rüssel und dann meinen Kopf um die Gebäudeecke. Und kann mir ein Lachen nicht verkneifen!
Auf dem Tempelvorplatz hat sich die komplette heimische Affenbande versammelt und hüpft hin und her und kreischt dabei laut. In der Mitte der Meute kabbeln sich drei Affen um irgendetwas. Abwechselnd sehe ich einen Arm, ein Bein oder auch einen Affenschwanz in die Luft fliegen. Und mittendrin ragt immer wieder ein schwarzer Gegenstand aus dem Affenknäul.
Ich beschließe, etwas näher zu gehen und mir die Sache genau anzuschauen. Dir als Mensch würde ich es nicht raten, sich einer kämpfenden Affenmeute zu nähern. Affen können ganz schön kräftig sein und haben spitze Zähne. Aber ich als riesiger Elefant, naja, ähem, also riesiges Elefantenbaby, muss mir keine Sorgen machen. Vor mir haben die Affen Respekt!
Ich stolziere also einfach zwischen den schaulustigen Affen hindurch und alle machen mir sofort Platz, als ich mich näher. Und dann stehe ich vor den drei kämpfenden Affen.
Ich räuspere mich und rufe: „Hört sofort auf!“ Äh, wie war das nochmal mit dem Respekt? Die drei raufen einfach weiter! Ich trompete nochmal: „Stopp! Sofort aufhören!“ Es passiert immer noch nichts! In dem Moment fliegt der schwarze Gegenstand in die Luft, ich strecke blitzartig meinen Rüssel nach vorne und fange ihn auf, bevor die drei kämpfenden Affen überhaupt gemerkt haben, was passiert ist.
Wie ich ja schon erwähnt habe, ist es heute besonders dunkel. Die drei rangelnden Affen halten inne und tasten jetzt den Boden ab. Nichts zu finden. Dann schauen sie nach oben und sehen meinen Rüssel mit dem schwarzen Gegenstand über ihren Köpfen schweben.
Und haste nicht gesehen, schon habe ich drei aufgeregte Affen an meinem Rüssel hängen!
„Lasst sofort meinen Rüssel los“, rufe ich empört und tröte nochmal laut hinterher. Erschrocken lassen die Affen meinen Rüssel los und halten sich die Ohren zu.
Ich stampfe kräftig mit meinen Elefantenbeinen auf, damit ich mir jetzt doch ein bisschen Respekt verschaffe.
„Stella, gib mir das Ding. Bitte, bitte, bitte!“ Habe ich es mir doch gedacht! Einer von den drei Raufbolden ist mein bester Kumpel Nedo. Nedo ist immer da anzutreffen, wo etwas los ist. Langeweile ist für ihn ein Fremdwort und wenn nichts los ist, sorgt er halt dafür, dass etwas los ist. So wie wohl heute auch. Mich beschleicht ein Verdacht. Ich halte meinen Rüssel mit dem schwarzen Ding ganz dicht vor meine Augen. Boah ist das heute dunkel. Noch näher an meine Augen ran und: Aha, das Ding ist ein Fotoapparat! Und wie kommt ein Fotoapparat in die Hände von Affen? Weißt du es? Ich schon!
„Nedo!“ Ich mache eine ganz ernste Stimme. „Hast du etwa wieder einen der Touristen beklaut?“ Jetzt schaue ich meinen Freund auch noch bitterböse an.
„Och Stella, du weißt, dass das mein Hobby ist. Und wenn die ihre Sachen nicht besser festhalten, kann ich auch nix dafür“, nölt Nedo.
„Sie halten ihre Sachen gut fest! Aber wenn du deine spitzen Zähne zeigst, lassen sie sie halt vor Schreck los!“ Ich schüttle empört meinen Kopf.
Jetzt meldet sich einer der anderen Raufbolde zu Wort. Es ist Melinda, ein junges Affen-Mädchen: „Wir wollen auch Fotos machen! Immer will Nedo alleine mit den Sachen spielen!“
„Moment, Moment, ich denke nach!“ Ich setze mich also auf meinen Elefantenpopo – die Affen um mich herum fliehen blitzartig – wer will schon platt unter einem Elefantenpopo liegen, hihi – und denke nach. Und denke nach. Nach einer Weile stehe ich wieder auf.
„Also, was haltet ihr davon, wenn wir alle gemeinsam etwas mit dem Fotoapparat machen? Einer fotografiert, während sich die anderen fotografieren lassen. So können wir alle mitspielen. Und wenn wir fertig sind, bringen wir den Fotoapparat zum Eingang an das Kassenhäuschen. Der Besitzer kommt morgen bestimmt nochmal vorbei um zu schauen, ob der Fotoapparat gefunden wurde.“
Kurze Zeit ist Stille und dann kreischen alle Affen aufgeregt los: „Jaja, ich will auch auf das Foto.“
Aha, so schnell sind sie sich also einig. Irgendwie möchte außer Nedo auch gar keiner den Fotoapparat bedienen, sondern alle wollen nur, dass Fotos von ihnen gemacht werden. Melinda spuckt sich schon in die Hände und stylt dann mit der Spucke ihre Haare zu einer wilden Frisur. Andere Affen holen aus ihren Verstecken Sachen, die die Besucher im Tempel verloren haben: Sonnenhüte, Sonnenbrillen, Schals und sogar ein T-Shirt.
Und so startet eine witzige Fotosession in der dunklen Nacht. Stundenlang ziehen wir durch die dunklen Räume des Tempels und machen lustige Fotos. Mit Blitzlicht natürlich. Die Nacht vergeht wie im Flug.
Kurz vor Sonnenaufgang schnappe ich mir den Fotoapparat.
„Ey, was soll das?“, beschwert sich Nedo.
„Abgemacht ist abgemacht“, antworte ich. „Ich stelle den Fotoapparat jetzt an den Eingang. Und dann gehe ich schlafen. Ich bin schon total müde und meine Beine werden schon langsam steinern.“
Mit dem Apparat fest im Rüssel schleiche ich Richtung Eingang. Weißt du, wenn es hell wird, sind wir Steists nicht so beweglich. Da sind wir mehr Statue als Geist. Aber nachts, nachts geht die Post ab!
Naja, jetzt bin ich k.o.. Ich stelle den Fotoapparat ab, hüpfe müde auf meinen Sockel und falle sofort in tiefen Schlaf. Was für eine Nacht! Die Affen sind auch alle schläfrig in die Bäume geklettert. Heute haben die Touristen mal Ruhe vor ihnen.
Und der Fotoapparat? Der wurde tatsächlich am Morgen von einem jungen Mann abgeholt. Und als er sich die Bilder auf dem Fotoapparat angeschaut hat, war er sehr verwundert. Verkleidete Affen und immer wieder eine Statue von einem Elefant in unterschiedlichen Positionen, aber in der Dunkelheit schwer zu erkennen. Er hat die Fotos ein paar Freunden gezeigt, aber keiner hat ihm geglaubt, dass die Fotos echt sind. Alle meinten, das wären nur gestellte oder bearbeitete Fotos. Heutzutage ist ja mit der Technik alles möglich…
Aber der junge Mann? Er ist sich inzwischen nicht mehr so sicher, ob es nicht vielleicht doch Geister gibt, die nachts ihren Schabernack treiben…